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Warum Menschen rechte Parteien wählen

Chiara Peyer, 25.08.2016

Die letzten paar Tage habe ich bei den Jungen Grünen Österreich im Sommercamp verbracht. Das gesamte Camp stand unter dem Titel «Macht und Ohnmacht - Auswege aus der Katastrophe». Dabei wurde unter anderem ein Workshop über den Erfolg der Rechten: «Warum Menschen rechte Parteien wählen» angeboten. Die gewonnen Erkenntnisse möchte ich hier gerne mit euch teilen.

Alle Jahre wieder. Jeder Wahlerfolg der bürgerlichen Parteien, speziell jener der SVP, zieht eine Welle der Empörung hinter sich her. Während die einen über die vermeintliche Dummheit der rechten WählerInnen schimpfen, scheinen sich andere darüber einig zu sein, dass mehr Bildung die einzige wahre Strategie gegen den Aufstieg der Rechten sei. Die Lösungen lassen sich nicht so einfach auf dem Silbertablett liefern. Um den Erfolg der Rechten zu verstehen, müssen wir uns zunächst einmal damit auseinandersetzen, was immer mehr Menschen in Europa dazu bringt, rechten Parteien ihr Vertrauen zu schenken. Dabei stellt sich vor allem die Frage, welche psychologischen Faktoren Menschen, die eindeutig unter der unsozialen Politik der rechten Parteien leiden, dazu bringen, über rationale Argumente hinwegzusehen und trotzdem rechte Parteien zu wählen.

Anders als links denkende Menschen, sehen rechts denkende Menschen, den Mensch prinzipiell als schlecht an, eine Autorität ist deshalb notwendig. Bei links denkenden Menschen hingegen, sind alle Menschen gleich. Es gibt für sie keine  «natürliche Ungleichheit», wie zum Beispiel das Geschlecht oder unterschiedliche Nationalitäten.

Exakt diese Unterscheidung führt uns direkt zu verschiedenen Erklärungsansätzen, weshalb Menschen rechte Parteien wählen.

-          Verteilängste und Abstiegskampf: Viele Menschen heute wissen nicht, wie man teilt und fühlen sich sofort gestört, wenn «ihr» Eigentum anderen zur Verfügung gestellt werden sollte. Im gleichen Atemzug kommt das Gefühl auf, dass sie einen sozialen Abstieg erleiden, wenn sie etwas von ihrem Eigentum abgeben.

-          Unzufriedenheit: Es wird irgendwo ein Opfer gesucht, welches für unbefriedigende persönliche Zustände Rechtfertigung liefern soll. Der Sündenbock trägt die Schuld daran, die aktuelle Geborgenheit zerstört zu haben.

-          Einfache Antworten: Viele rechte Parteien üben Kritik an aktuellen Systemen, tun sich aber mit konkreten Verbesserungsvorschlägen oft schwer. Meistens wird an konservativen/ traditionellen Systemen festgehalten.

-          Schwache Angebote der anderen Parteien: Die StimmbürgerInnen fühlen sich angesichts der aktuellen Herausforderungen von den Parteien nicht mehr richtig vertreten oder können mit speziellen Themen nicht mehr abgeholt werden.

-          Nationalstolz/ Patriotismus: Viele Menschen fühlen sich zu «ihrem» Land hingezogen und können sich nicht vorstellen, dass «ihr» Land plötzlich nicht mehr funktionieren oder im System verändert werden soll.

-          Hegemonie: Menschen wollen die Herrschaft über eine andere Gesellschaftsschichten führen und die «Macht des Stärkeren» ausüben.

Dies sind verschiedene Erklärungsversuche, welche aufzeigen, wieso rechte Parteien gewählt werden; diese wiederum kann man mit menschlichen Bedürfnissen verknüpfen: Viele Menschen versuchen ihr Bedürfnis nach Sicherheit, Kontrolle oder Anerkennung durch die Abwertung anderer und durch eine einfache Welterklärung zu finden.

Genauso wichtig und interessant ist nun aber die Frage, weshalb viele Menschen angesichts derselben Herausforderungen eben gerade nicht auf einfache rechte Rezepte wie Nationalismus oder Ausgrenzung aufspringen und auch nicht bei jeder gesellschaftlichen Veränderung befürchten, zu den Verlierern zu gehören?

Ist das Ganze einfach genetisch angelegt und eine Charaktersache? Brauchen die einen Menschen einfach eine starke Führungsperson, die ihnen zeigt, wo es lang geht und wer gut und wer böse ist? Wird man also als potentiell links oder rechts wählender Mensch geboren und ist somit gar nicht verantwortlich für die eigene politische Ausrichtung? Wohl kaum.

Die meisten Menschen wären in der Lage, selber zu denken und elementare Gesetze des gesellschaftlichen Zusammenlebens und volkswirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen. Was wir brauchen, sind  Schulen aller Stufen, die undogmatisch aufzeigen, wie Gesellschaft und Wirtschaft funktionieren und wie nicht.  Was wir auch brauchen, sind Medien, die diese Zusammenhänge undogmatisch aufzeigen und vor allen aufzeigen, dass allzu einfache Rezepte, die zudem praktischerweise (zumindest einen selbst) nichts kosten, meistens nicht funktionieren, weil die Welt viel komplexer ist als linke und rechte Ideologen einem weismachen wollen. Was wir aber am meisten brauchen ist die Offenheit, andere Menschen und Ideen erst einmal unvoreingenommen zu prüfen. Ablehnen kann man sie dann immer noch, falls sie mit den eigenen Grundwerten vollständig unvereinbar sein sollten, aber unvoreingenommen prüfen, sollten wir uns leisten können.

Über die Autorin

Chiara Peyer

Sekretariat Junge Grüne Kanton Luzern

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