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Was "Fracking" wirklich bedeutet!

Esther Meier, 10.06.2014

 

"Fracking" ist durch die Medienpräsenz in den vergangenen Monaten auch in der Schweiz - zumindest in ökologisch interessierten Kreisen - bekannt geworden. Der Begriff ist keine Beschreibung des Dresscodes einer Dinnerparty, sondern bezeichnet eine riskante Förderart von unkonventionellem Erdgas oder Öl. Es wird viel über die dadurch entstehenden Gefahren für Mensch und Umwelt diskutiert, aber erstaunlicherweise kaum über die wirklich zentrale Frage: Weshalb lohnt sich diese teure und energieaufwendige Fördermethode plötzlich? Die Antwort ist einfach, aber unangenehm: Weil die konventionellen Erdöl und Erdgasvorkommen versiegen!

 

Wie funktioniert Fracking?

Fracking ist das Kurzwort für Hydraulic Fracturing, was im Deutschen soviel bedeutet wie "hydraulisches Aufbrechen" oder "hydraulische Risserzeugung". Konkret wird mit Sand und Chemikalien versetztes Wasser unter hohem Druck in ein mehrere tausend Meter tiefes Bohrloch, von dem horizontale Bohrungen abzweigen, gepresst. Das Wasser wird anschliessend zurückgepumpt, während die chemischen Zusätze die entstandenen Risse in der Gesteinsschicht stabil halten und das Gas oder Öl lösen. Durch diese Risse können Öl- oder Gasvorkommen kleinräumig angezapft und gefördert werden.

 

Ökonomisch und ökologisch unsinnig

Wie bereits erwähnt, fokussiert sich die mediale Aufregung auf die Gefahren durch die eingepumpten Chemikalien (Methanol, Diesel, Kaliumchlorid etc.), insbesondere die Verunreinigung des Grundwassers. Doch auch ökonomisch ist Fracking unsinnig und nur rentabel, wenn der Preis für fossile Energieträger sehr hoch ist, da mit einem Bohrloch bloss kleine Reserven angezapft werden können. Im Gegensatz zur konventionellen Fördermethode ist deshalb pro Förderfeld eine Vielzahl von Bohrungen nötig. Konkret sind die Kosten bis zu 70% höher als bei der konventionellen Gas- oder Ölförderung. Zudem ist das Fracking so energieintensiv, dass über 20% der geförderten Energie bereits für die Bohrungen etc. eingesetzt wurde.

 

Peak Oil - Eine unbequeme Wahrheit

Seit den 1980er-Jahren ging die Zahl der neu entdeckten Erdölfelder trotz verbesserter Technik deutlich zurück, während der globale Verbrauch weiterhin anstieg. Die USA erreichte 1970 das Fördermaximum (Peak Oil), Europa (Norwegen und GB) um das Jahr 2000. Seitdem sind diese Länder Nettoimporteure von fossilen Energieträgern, d.h. sie verbrauchen mehr Erdöl und Erdgas als sie produzieren. Weltweit wurde der Peak Oil aus konventioneller Förderung 2006 erreicht. Die Rechnung ist einfach: Weniger neue Erdölfelder + sinkende Fördermengen = weniger Erdöl. Weniger Erdöl bei gleichbleibender/steigender Nachfrage = steigende Preise. Im Moment wird dieser Effekt mit arabischem Erdöl und Erdgas kompensiert. Aber auch diese Quellen werden nicht ewig sprudeln, da alle fossilen Brennstoffe endlich und nicht erneuerbar sind. Nur vor diesem Hintergrund ist verständlich, weshalb plötzlich auch das Fracking attraktiv wird: Die Welt braucht Erdöl, egal zu welchem ökonomischen und ökologischen Preis!

Mit dem Erreichen des Peak Oil ist die Zeit des billigen Erdöls definitiv passé. Die Frage ist nämlich nicht, wie viel Erdöl theoretisch noch vorhanden ist, sondern wie viel bezüglich finanziellem und energetischem Aufwand noch rentabel gefördert werden kann. Fracking und Tiefseeförderung sind zwei Methoden, die in Zeiten von einem Überschuss an konventionellem Erdöl unprofitabel waren. Heute könnte die Nachfrage ohne sie nicht mehr gedeckt werden.

 

Die Zukunft der Schweiz ist grün!

Das "Erdölzeitalter" wird zu Ende gehen, wenn nicht morgen, dann sicher übermorgen. Momentan sind wir in der Schweiz kaum für dieses Szenario gerüstet. Unter anderem auch wegen der bürgerlichen Parteien, die Programme zur Förderung von erneuerbaren Energien regelmässig zu Fall bringen. "Die Kosten sind zu hoch", "unsere Wirtschaft wäre mit höheren Energiekosten nicht mehr konkurrenzfähig", so tönt es vor jeder Energieabstimmung. Aber die Kosten für fossile Energie werden bei grösserer Knappheit weiter steigen - so will es das Gesetz des freien Marktes. Auch die SVP - sonst ach so bemüht um die schweizerische Unabhängigkeit  - verlässt sich in punkto Energie gern auf das Ausland: Atomstrom aus Frankreich, Erdgas aus Russland, Erdöl aus der Heimat der Islamisten: Das Öl nimmt man gern, aber die Menschen und Burkas sollen schön da bleiben wo sie sind, so der Volkspartei-Konsens!

 

Autarkie statt Abschottung

Energie-Autarkie (=Selbständigkeit) statt politische Abschottung, das müsste unser Ziel sein. Dezentrale Energieproduktion mit erneuerbaren Ressourcen wie Wind, Sonne oder Wasser ist die Zukunft. Wenn wir uns jetzt nicht für den alternativen Weg entscheiden, ist es vielleicht zu spät. Zugegeben, die Energiewende gibt es nicht gratis. Aber die Kosten sind erträglich, im Vergleich zu jenen, die anfallen, falls wir an der fossilen Energie festhalten. "Arbeitsplätze schaffen", auch ein beliebter Slogan der Bürgerlichen: Lokale Energieproduktion = mehr lokale Arbeitsplätze, lokale Energieproduktion = grössere Unabhängigkeit von den Grossmächten und Förderländern (USA, Russland, Saudi-Arabien). Auch da, die Rechnung wäre eigentlich einfach ...

 

Quellen:

Ganser, Daniele. Europa im Erdölrausch. Die Folgen einer gefährlichen Abhängigkeit, Zürich 20133.

http://dialog-erdgasundfrac.de/sites/dialog-erdgasundfrac.de/files/OEKO_IINAS-Fracking-Energie-Klimabilanz.pdf, 10.06.2014.

Grafiken: http://www.siper.ch/de/energie/energie-wissen/infografiken/, 10.06.2014.

Über die Autorin

Esther Meier

Ich möchte die Zukunft der Schweiz mitgestalten. Gerade bei so wichtigen und wegweisenden Entscheidungen wie die der Energieversorgung sollten die Jungen ihre Meinung einbringen können.

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