Gian Waldvogel, 14.03.2013
Ein modernes Einbürgerungsgesetz sollte Gesuche individuell und aufgrund von klaren Indikatoren beurteilen. Was die bürgerliche Mehrheit des Nationalrates mit dem neuen Bürgerrechtsgesetz anstellt ist nicht nur eine Diskriminierung von tausenden langjährigen Bewohnern der Schweiz. Die Mitteparteien zeigen damit auch, dass sie ohne moralische Zweifel aus den nationalistischen Regungen in der Schweiz Vorteile ziehen wollen.
Jahrelang hat die SVP fremdenfeindliche Propaganda betrieben. Wer erinnert sich noch an die unsägliche Minarettinitiative, als Muslime pauschal als unvereinbar mit der „Schweizer Kultur“ verunglimpft wurden? All die Plakatkampagnen mit starken schwarz-rot Tönen, all die Tweets von SVP-Mitgliedern mit klar rassistischem Inhalt während den letzten Jahren. Oder zuletzt die unglaubliche Aussage von Nationalrat Fehr während der Debatte heute Nachmittag: «Wir haben es satt, dass es dann am Radio heisst, es war ein Schweizer. Und nachher findet man heraus, dass er andere Wurzeln hatte.»
SVP am Ziel
Wahrlich, die jahrelange Hetze der Herrliberg-Fraktion, das viele Geld eines ultra-rechtskonservativen Predigers hat heute fraglos Wirkung gezeigt. Diese Gesetzesanpassungen triefen vor Xenophobie und Kleingeist gegen Menschen mit „anderen Wurzeln.“ Beispielsweise sollen neu die Jahre welche ein Mensch im Alter zwischen 10 – 20 Jahren in der Schweiz verbrachte, nicht mehr doppelt angerechnet werden an die nötige Aufenthaltsdauer für eine Einbürgerung. Auch ist eine Niederlassungsbewilligung ein Muss um das Schweizer Bürgerrecht beantragen zu können.
Mit diesem neuen Regime hat die Schweiz einerseits eine riesige Minderheit für Jahrzehnte von der aktiven und passiven politischen Partizipation ausgeschlossen und es zudem verpasst, ein flexibles, modernes Bürgerrechtsgesetz zu verfassen, dass den Realitäten einer immer komplexeren und heterogeneren Gesellschaft gerecht würde. Schlimmer noch, man hat damit Jugendliche, die bereits in der Schweiz geboren wurden, dazu verdonnert, Jahrzehnte auf einen roten Pass warten zu müssen. Mit der einfachen Begründung, dass sie halt nicht echte Schweizer Wurzeln haben.
Schande für den Rechtsstaat
Eine solche Rechtspraxis kann man nur als rassistisch titulieren. Menschen die hier zur Schule gehen, Arbeiten, am öffentlichen Leben teilhaben und dieses Land wohl als Teil ihrer Identität ansehen werden ausgeschlossen von politischer Partizipation. Hunderttausende von Freunden, Bekannten, Mitarbeiterinnen und Mitschülerninnen sind gezwungen sich der glücklichen Mehrheit zu fügen, die in diesem Land die „wahre Herkunft“ besitzt. Vielleicht sollten sich die verantwortlichen PolitikerInnen an die Grundsätze besinnen, mit denen dieser Staat gegründet wurde. An die Grundsätze von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit die jedem Menschen die gleichen Mitsprachemöglichkeiten in einem Staat zugestehen. Ohne Fragen nach ihrer Herkunft, Religion, Kultur oder politischen Überzeugung.
Gerade diese Herren und Damen aus der rechtsbürgerlichen Fraktion die sich so gerne auf die demokratische Kultur dieses Landes beruft, verraten sie nun in der Hoffnung auf ein paar zusätzliche Stimmen bei den nächsten Wahlen. All die tapferen FreiheitskämpferInnen in der Geschichte, die sich für die universellen, grundlegenden Werte der Rechtstaatlichkeit eingesetzt haben, würden sich ab diesen Entscheiden beschämt abwenden. Die linken Parteien werden aber standfest bleiben und sich vehement für die Rechte aller in diesem Land lebenden Menschen einsetzen, ganz im Geist von echten Demokraten, echten Liberalen. In der Hoffnung das sich Herr und Frau Schweizer bald wieder an „wahre Schweizer Werte“ besinnen.
![]() | Gian Waldvogel Vorstand Junge Grüne Kanton Luzern, Vorstand Grüne Kanton Luzern |
---|
Gian Waldvogel, geb. 1990, studiert in Winthi Journalismus und Organisationskommunikation. Zu den Jungen Grünen Kt. Luzern stiess er bereits mit 16 Jahren. In seiner Freizeit ist er immer für eine spannende Diskussion oder eine kulturelle Entdeckungsreise zu begeistern. Mit seinem politischen Enga...
Zurück zu allen BlogsAlle Blogs von GianMehr zu Gian