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Noser oder Vogt? - Völlig egal

Martin Neukom, 26.10.2015

Der zweite Wahlgang der Zürcher Ständeratswahlen steht bevor. Bastien Girod (Grüne), Hans-Ueli Vogt (SVP) und Ruedi Noser (FDP) stehen zur Wahl. Nun gibt es Menschen, die glauben, es sei wichtig Vogt zu verhindern und darum wählen sie Noser anstatt Girod. Dies obwohl letzterer ihrer Einstellung klar näher kommt. Warum dies ein Überlegungsfehler ist.
 
FDP und SVP haben bei den Wahlen abgeräumt. Zusammen mit den rechten Splitterpartien haben sie genau die Hälfte der Stimmen im Nationalrat. Im Ständerat sieht es anders aus. Die zweite Kammer kann so hoffentlich die absurdesten der rechten Reformpakete verhindern. Danach steht natürlich noch das Volk, welches mittels Referendum die eine oder andere Schnapsidee von Rechts versenken wird. Da bin ich zuversichtlich.
Nun aber zu den zwei Partien. Meiner Meinung nach gibt es drei hauptsächliche Unterschiede ihrer Haltung: Die FDP hat eine gemässigtere Rhetorik, steht zu den Bilateralen und respektiert rechtsstaatliche Errungenschaften grundsätzlich. Die SVP tut dies nicht. Hingegen steht die SVP mit ihrem isolationistischen Kurs (was sie auch immer genau wollen) im Parlament im National- wie im Ständerat völlig alleine da. Hier spielt ihre exakte Grösse nicht so stark eine Rolle.
In fast allen anderen Anliegen sind sich die zwei Parteien aber gruselig ähnlich. So sind sie beide ziemlich fundamentale Gegner einer Energiewende und somit auch der Erneuerbaren Energien. Gegenüber dem systematischen Missmanagement der Kernkraftwerke sind sie blind. Umwelt- und Klimaschutz betrachten sie als unnötig und verhindern jede (und wirklich jede) sinnvolle Massnahme. Beide betrachten den Staat als schlecht und sowieso zu dick. Deshalb wollen beide streichen, was das Zeug hält. Ausser bei der Armee, denn hier ist man sich einig: „Dafür lohnt es sich Geld auszugeben“. Wieso auch immer. 
Weiter geht es mit der Sozialpolitik: Beide Parteien haben ein Weltbild, indem jeder Mensch auf sich selbst gestellt ist. Somit soll auch jeder für sich verantwortlich sein. Mit dieser Einstellung wird versucht bei allen sozialen Systemen (Sozialhilfe, AHV, IV, usw) zu sparen.
Sie finden es beide in Ordnung, dass grosse Firmen keine Steuern zahlen, denn schliesslich schaffen sie Arbeitplätze. Ebenfalls finden es beide richtig, dass man private Gewinne aus Finanzanlagen (z. B. Aktien) nicht versteuern muss. Soziale Ungleichheit und die aufgehende Einkommensschere ist ihnen egal. Wer nicht genug hat, der ist halt einfach faul und hat nicht mehr verdient - so ihre Meinung.
Schliesslich noch zum Kulturland. Es sind die Betonfreaks, die gerne die ganze Schweiz zubetonieren mit Einfamilienhäuschen.
 
Bezüglich Europa und Rechtsstaat steht die SVP alleine da. In den allermeisten anderen Politikfeldern vermag ich beim besten Willen keine klaren Differenzen zu erkennen. Das Problem ist, dass beide zusammen so stark und sich zudem in vielem noch einig sind. Sich zu überlegen, den FDP-Noser zu wählen um den SVP-Vogt zu verhindern ist deshalb völlig irrelevant.
 
Wer der Ansicht ist, dass die Umwelt aktiv geschützt werden muss, dass es wirksamen Klimaschutz braucht, dass die globale Marktwirtschaft Verlierer produziert, die auch einen Platz brauchen in unserer Gesellschaft und wer globale Verantwortung als Wichtig erachtet, der schreibt Bastien Girod auf seinen Wahlzettel.

Über den Autor

Martin Neukom

Kantonsrat Zürich
Mechatronik-Ingenieur
MSc. Solare Energiesysteme

Im September 2012 trat ich als Präsident der Jungen Grünen Schweiz nach 4 Jahren Amtszeit zurück. Seit April 2014 sitze ich im Zürcher Kantonsrat für die Grünen und bin in der Kommission für Planung und Bau (KPB).
Ich arbeite in der Forschung an organischen Sollarzellen und studiere Phot...

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