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Warum man die Steuern gerne bezahlen sollte

Martin Neukom, 10.03.2015

Ich veröffentliche hier meinen Beitrag aus dem Winterthurer Stadtanzeiger vom 10. März 2015.
http://www.stadi-online.ch/PDF/Ausgabe/100315/#8

 

Wie immer Anfang Jahr flattert die Steuererklärung ins Haus und verursacht Unmut. Das Ausfüllen ist ärgerlich - das Bezahlen der Rechnung auch. Zugegeben: Da wirkt der Titel des Artikels provokativ. Die rechten Politiker schimpfen oft über den Staat. Der Staat sei ineffizient und fault – er nehme den Bürgern ihr hart erarbeitetes Geld weg. Dabei würden die Steuern stets erhöht. Diese Aussagen wurden in Vergangenheit so oft wiederholt, dass sie viele Leute verinnerlicht haben. Umso mehr ärgert man sich, wenn dann diese Steuerrechnung kommt.

 

Werfen wir erst mal ein Blick auf die Aussage, die Steuern würden ständig steigen. Kantonsrat Stefan Feldmann hat hierzu eine interessante Anfrage eingereicht. Der Regierungsrat soll auflisten, wann in den letzten 15 Jahren im Kanton Zürich die Steuern erhöht und wann gesenkt wurden. Der Regierungsrat lieferte dazu eine Tabelle. Darin ersichtlich sind 14 Steuererleichterungen, wie neue Abzüge, reduzierte Firmensteuer oder auch die gesenkte Erbschaftssteuer. Und welche Steuern wurden erhöht oder neu eingeführt? – Keine einzige.

Alles zusammengerechnet verliert der Kanton durch alle genannten Steuersenkungen mehr als 1200 Millionen Franken pro Jahr. Das ist ein grosser Betrag.

 

Die Aussage Steuern würden ständig erhöht, ist somit klar falsch. Das Gegenteil ist der Fall: Ständig wird gespart. Es wird gespart bei den Schulen, den Universitäten, der Integration oder sogar bei der Polizei, wie bei der letztjährigen Budget-Debatte zu sehen war. Anstatt erst die Steuern zu reduzieren und dann blind zu sparen, sollten wir uns die Frage stellen: Was ist die Aufgabe des Staates? In Anlehnung an den Amerikanischen Politologen George Lakoff sehe ich zwei wesentliche Aufgaben des Staates: Schutz gewähren und Möglichkeiten schaffen.

 

Staatsauftrag 1: Schutz gewähren

Die wichtigste Aufgabe des Staates ist der Schutz der Menschen. Der Staat sorgt für eine gute Gesundheitsversorgung zum Beispiel in Form von Spitälern. Somit sind wir geschützt vor Krankheit. Aber auch die Polizei und die Feuerwehr schützen uns vor Kriminalität oder Hausbränden. Ebenfalls ist es der Staat der festlegt und kontrolliert, dass Lebensmittel nicht schädlich sind für uns und sorgt für eine gesunde Umwelt. Wenn zwei streiten, können Sie vor Gericht, welches ebenfalls der Staat zur Verfügung stellt. Ohne unser weit ausgeprägtes Rechtssystem, würde unsere Welt durch Chaos und Willkür geprägt. Man erkennt bereits hier, dass all dies Geld kostet. Fehlt das Geld, kann der Staat die Bürger weniger gut schützen.

 

Staatsauftrag 2: Möglichkeiten schaffen

Tagtäglich nutzen wir sie, vielleicht sogar ohne es uns bewusst zu sein – Infrastruktur. Wir nutzen den öffentlichen Verkehr, Strassen und Brücken, Wasserleitungen, das Stromnetz. Die Infrastruktur ermöglicht das Leben, wie wir es kennen. Weder Firmen noch Privatpersonen kämen ohne sie aus. Auch das ist in der Verantwortung des Staates. Genau so ist es die Bildung. Sie ermöglicht erst, dass im oben erwähnten Spital auch ausgebildete Fachkräfte arbeiten. Nur wegen der guten Schulen und Universitäten können Firmen Leute einstellen, die für ihre Arbeit nützlich sind. Doch Infrastruktur und Bildung kostet den Staat Geld.

 

Wir als Bürger können unsere Freiheiten nur wahrnehmen, wenn wir ausreichend geschützt sind vor Bedrohungen. Die Infrastruktur und die Bildung ermöglichen gewisse Freiheiten erst. Keine Firma würde in diesem Kanton auch nur einen Rappen verdienen, würde der Staat diese Aufgaben nicht wahrnehmen.  Man sieht also: Der Staat hat essentielle Aufgaben für die Menschen sowie für die Wirtschaft. Er schafft die Grundlagen für wichtige Freiheiten und er finanziert sich über Steuern. Ich bezahlte meine Steuern. Und wenn ich bedenke, was ich alles dafür kriege, dann bezahle ich die Steuern sogar gerne.

Über den Autor

Martin Neukom

Kantonsrat Zürich
Mechatronik-Ingenieur
MSc. Solare Energiesysteme

Im September 2012 trat ich als Präsident der Jungen Grünen Schweiz nach 4 Jahren Amtszeit zurück. Seit April 2014 sitze ich im Zürcher Kantonsrat für die Grünen und bin in der Kommission für Planung und Bau (KPB).
Ich arbeite in der Forschung an organischen Sollarzellen und studiere Phot...

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